Beim 2017er Sondermann-Stipendiaten Daniel Sibbe zwischenmenschelt es – mehr und weniger.
MEIN VORBILD SONDERMANN… und was daraus wurde (Folge 3)
Familie und Freunde (I)
Meine Geschwister und ich verfügen über verschiedene Begabungen. Mein Bruder kann stundenlang auf einem Hochseil balancieren und dabei alle Primzahlen zwischen 1 und 1 Billion aufsagen. Meine Schwester ist in der Lage, gleichzeitig mit verschiedenen Gegenständen zu jonglieren und den Inhalt mehrerer Tausend Bücher wortgetreu zu rezitieren. Ich selbst schwinge wie schon mein Vater und Großvater am Trapez und kann auf Zuruf binnen Sekunden jeglichem Datum den richtigen Wochentag zuordnen. Die Menschen reagieren auf unsere Darbietungen mit dem mehr oder weniger rhythmischen Zusammenschlagen der Handinnenflächen, unartikuliertem Gejohle und schlimmstenfalls hinter der Bühne sogar mit Schulterklopfen. Was das bedeutet und was die Leute damit bezwecken wollen, konnte mir bisher allerdings niemand begreiflich machen. Schließlich stammen wir alle aus einer berühmten Autistenfamilie.
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15 Jahre später: Einerseits ist es schon traurig, wenn Geschwister nichts mehr voneinander wissen wollen. Andererseits: Würden Sie sich noch Kontakt zu Ihrem Bruder wünschen, der Sie über Jahre hinweg mit Ihrer Ehefrau betrogen hat, während Sie sich für die Familie im Schichtdienst krumm und buckelig malocht haben? Meiner jedenfalls nicht!
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Mein bester Kumpel Thorsten hingegen ist nicht nur ein ausgezeichneter Koch, er verwöhnt mit seinen Gaumenfreuden auch gerne Gäste. Einmal zauberte er anlässlich des Geburtstages seiner neuen Freundin Dagmar einen „Rouge Barbét Andalusischer Art“, was von ihr mit den bewundernden Worten gewürdigt wurde, „an“ klänge bei Essen ja immer so fein, worauf wiederum ich mich vor Lachen fast an Tipasti verschluckte.
(Fortsetzung folgt)