Die Luft brennt – und alles andere auch
von Andreas Platthaus
Genrecomics? Warum nicht, wenn sie gut gemacht sind? Der Noir-Krimi „Burn Out“ von Antoine Ozanam und Mikkel Sommer leiht sich zwar viel aus, hat dann aber auch etwas zu erzählen.
Warum kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass Antoine Ozanam viele Comics von Baru gelesen hat? Weil sein Szenario zu „Burn Out“, einem Comic, den er gerade gemeinsam mit dem deutschen Zeichner Mikkel Sommer beim Avant Verlag publiziert hat, gleich anfangs die Atmosphäre von Barus „Bleierne Hitze“ heraufbeschwört: Unerträglich drückend ist das Wetter in Reno, Nevada, wo der Polizist Ethan Karoshi tätig ist. Oder eher untätig, denn alles beginnt mit einem Schäferstündchen. Pech nur, dass Karoshis Ehefrau die Tochter seines Vorgesetzten ist. Sonst könnte man mit dem Seitensprung offensiver umgehen.
Karoshi ist ein Loser, der sich aber bislang einigermaßen durchgeschlagen hat. Auch sein Quadratschädel ist wie aus einem Baru-Comic übernommen, die ausgebleichten Farben sind es sowieso. Neues ist in „Burn Out“ Fehlanzeige. Was man nicht von Baru her kennt, das findet sich erzählerisch in Tardis Comic-Adaptionen des französischen Krimi-Meisters Manchette. Aber warum nicht bei den Besten klauen? Genau dieses Geschick ist es ja, das Karoshi fehlt. Seine Autoren beherrschen es.
Bald pflastern Leichen den Weg des Polizisten, und alle Spuren weisen auf ihn hin. Die eigenen Kollegen sind hinter ihm her, seine Ehe zerbricht, Schwiegervater und Schwäger machen Karoshi die Hölle heiß, und das Ganze entpuppt sich als abgefeimter Plan, über den man hier nicht viel mehr sagen sollte, wenn man die Spannung erhalten will.
Denn die gibt es durchaus, und auch wenn manche Wendung ein wenig zu melodramatisch erfolgt, ist „Burn Out“ doch durchaus unterhaltsam, wenn man Genreliebhaber ist. Mehr allerdings darf man auch wieder nicht erwarten.
Bleibt nur die Bewunderung für einen Zeichner wie den gerade mal siebenundzwanzigjährigen Mikkel Sommer, der, ohne zuvor großes Aufsehen erregt zu haben, gleich einen handwerklich sauberen Comicband erstellt hat (Leseprobe), der in jedem Verlagsprogramm bestehen könnte (und im französischen Sprachraum auch schon bei Casterman, also einem ganz Großen, untergekommen ist). Die Professionalisierung deutscher Zeichner ist bemerkenswert. Jetzt können sie sogar Genre – etwas, das es seit Schultheiß hierzulande kaum mehr überzeugend gegeben hat.